Myoreflextherapie - Eine Fallbeschreibung
Dr.med. Michael Sperlich
      
Fallbeschreibung von Brü., Irm., geb.27.08.1929;
    
     
Diagnose: Distale Radiustrümmerfraktur re. mit Abriss des Proc.styloideus ulnae;
Geschlossene Reposition, Stabilisierung mit Fixateur externe am25.05.1997;
Posttraumatische Suddeck'sche Dystrophie des re.Armes.

   

Anamnese:

  • am 25.05.1997 Sturz auf den rechten Arm è distale Radiustrümmerfraktur mit Gelenkbeteiligung;
  • operative Versorgung am gleichen Tag mittels geschlossener Reposition und Ruhigstellung durch Anlage eines Fixateur externe;
  • ambulante Verlaufskontrollen bis auf persistierende Schwellung der re. Hand unauffällig;
  • 24.06.97 Entfernen des Fixateur externe und Ruhigstellung im Unterarmgips;
  • 26.06.97 Entfernen des Unterarmgipses wegen massiver Schwellung;
  • 01.07.-15.07.97 ambulante Behandlung bei bewegungsunfähiger Hand mit massiver Schwellung;
  • 18.07.-24.07.97 Laser-Behandlung ohne jeglichen Erfolg; zusätzlich Lymphdrainage => Schwellung gering rückläufig;
  • 30.07.-30.08.97 stationäre Behandlung in Handchirurgischer Spezialklinik mittels Plexuskatheter und physikalischer Therapie; è keine wesentliche Verbesserung der Beweglichkeit der re. Hand, weiter funktions-unfähig;
    01.09.-30.09.97 ambulanten Weiterbehandlung, 2x wöchentlich Einspritzen des Plexuskatheters und Krankengymnastik;
  • 13.10.-24.10.97 Behandlung am Institut Zeileis in Gallspach, Oberösterreich, mittels Hochfrequenztherapie, Elektrostimulation, Kurzwellen, Magnetfeldtherapie und Gleichstrom-Impulsbehandlung; è keine Befundveränderung;
  • Nov. 97 – März 97 2x wöchentlich krankengymnastische Übungsbehandlung;
  • Dezember 97 Ohrakupunktur;
  • 10.03.-29.03.98 Bad Reuthe/Österreich krankengymnastische Behandlung mit Nervenmobilisation nach Butler;
  • bis Juni 98 Fortsetzung dieser Behandlung 1x wöchentlich am Heimatort;
    è insgesamt leichte Verbesserung der Beweglichkeit.

 

Erstbefund am 01.07.1998:

69-jährige Pat. In gutem AZ und EZ; Pat selbst beklagt Schmerzen im gesamten rechten Arm mit Schmerzausstrahlung in beide Schulter sowie den Nacken;

massive Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogen, re. Handgelenk sowie der gesamten rechten Hand; Pro- und Supination sehr stark eingeschränkt; Ab- und Adduktion im rechten Handgelenk aufgehoben; Fingerbeweglichkeit sehr schlecht, insbesondere in den Fingergrundgelenken mit einem Fingerkuppen-Hohlhand-abstand von bis zu 4 cm beim Faustschluss; Feinmotorik der Finger völlig aufgehoben;

rechter Arm ab Unterarmmitte kalt, Haut der rechten Hand leicht glänzend und geschwollen; rechter Arm nicht zum Körper gehörig, "Leichenhand"; typische Armhaltung des Suddeck-Patienten.

Bei Palpation ergeben sich folgende Druckpunkte:

M. pectoralis major +++, insbesondere sternaler Antei re.>>li.; M.pectoralis minor bds.+++;

M. serratus re.>>li. +++; M.scaleni bds.+++; M. deltoideus re.+++, insbes. Mittlerer Anteil; Caput longum M. tricipitis brachhii re. +++; Coracoid +++; Caput breve M.bicipitis brachii +++; M.teres major et minor++;

M. brachialis re. +++; M.brachioradialis re.+++; M.extensor carpi radialis longus +++; M.supinator +++; Epicondylus lat.et med. +++; gesamte Unterarmmuskulatur streckseitig zwischen Radius u. Ulna+++; MM interossei et lumbicrales +++;

M.trapezius bds.+++; M supra-et infraspinatus +++; M. rhomboidei++; M subclavius++; ges. Nackenmuskulatur ++; Atlas+++ re.>li.;
    

      

Verlaufsbeobachtung
    
     
Anfangs waren die oben beschriebenen Punkte äusserst schmerzhaft, selbst leichteste Berührung verursachte massive Schmerzen mit Ausstrahlung in den gesamten rechten Arm. Bereits bei der ersten Behandlung viel auf, dass durch vorsichtigen Druck im Bereich der Epicondylen, jedoch insbesondere im Bereich des M. supinator die Umwendbewegung des rechten Unterarmes sich entscheidend verbessern ließ. Bei den weiteren Behandlung konnte heirdurch eine bleibende Verbesserung der Pro- und Supination erreicht werden. Im Bereich des rechten Handgelenkes sowie der Finger zeigte sich zunächst keine nennenswerte verbesserung der Beweglichkeit.

Nach der achten Behandlung zeigte sich eine anhaltende Erwärmung des rechten Armes, insbesondere der rechten Hand. Die anfänglich bestandene Glanzhaut bildete sich im weiteren Verlauf völlig zurück. In gleicher Weise konnte jetzt auch eine zunehmende Verbesserung der Beweglichkeit im rechten Handgelenk beobachtet werden, sowie auch der Finger. Der Faustschluss wurde besser. Die grobe Kraft in der rechten Hand nahm deutlich zu. Die patientin setzt jetzt die Hand bei der täglichen Arbeit im Haushalt wieder voll ein, ist jetzt z.B. in der Lage wieder selbst ein Brot zu streichen, Knöpfe zu schliessen, Knöpfe anzunähen, sich selbst zu kämmen.

Trotz zwischenzeitlich durchgeführter komplizierter Augen-Operation mit Verlust der Sehfähigkeit auf dem rechten Auge ist keine Befundverschlechterung eingetreten.

Die Röntgenverlaufskontrolle vom 06.10,1998 der rechten Hand zeigt eine deutliche Rückbildung der dystrophen Veränderungen im abgebildeten Skelettabschnitt mit weitgehend normaler Mineralisation des Knochens.

 

Zwischenbefund v. 06.11.1998:

Arm- und Handhaltung völlig seitengleich; trophische Veränderungen im Seitenvergleich nicht feststellbar, ebenfalls keine Temperaturdifferenz. Sensibilität, Durchblutung und Motorik seitengleich intakt; im Seitenvergleich keine Minderung der groben Kraft, auch schmale Gegenstände können in der rechten Hand fest gehalten werden.

Die Patientin hat das Gefühl der Arm gehört wieder zu ihr.

Beweglichkeit: rechts links
Ellenbogengelenk
Streckung/Beugung 0/0/150 0/0/160
     
Handgelenk dorsal/volar 30/0/50 30/0/55
Pro-/Supination beidseits seitengleich
Fingerkuppen-
Hohlhandabstand
0,5/0,5/0,5/1 0/0/0/0

Die Schmerzpunkte im Thoraxbereich, insbesondere parasternal, haben sich auch unter stärkerem Druck völlig zurückgebildet, hier sind keine verspannten Fasern mehr palpierbar. M.deltoideus++; Epicondylen++; M.supinator++; M.brachioradialis++, M.extensor carpi rad. longus++; diese Punkte sind bei stärkerem Druck noch deutlich empfindlich.

In Funktion lässt sich bei Druck auf die Unterarmmuskulatur streckseitig zwischen Radius und Ulna die Beweglichkeit im Handgelenk sowie der Finger weiter verbessern.

Die Beweglichkeit im Schulter-und Ellengogengelenk ist seitengleich schmerzfrei möglich. Die Schmerzen im Nackenbereich haben sich deutlich gebessert.
     

      

Procedere
    
     
Fortsetzen der Myoreflextherapie bis Ende November 98 2x wöchentlich, dann 1x wöchentlich.
     

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